The Entire Story Starts Where
Anschlüsse und Ausschlüsse translokaler Positionen
Im Rahmen des kuratorischen Projekts »The Entire Story Starts Where« des DFG-Graduiertenkollegs anschließen – ausschließen. Kulturelle Praktiken jenseits globaler Vernetzung finden zwischen dem 15. Mai und 2. Juli 2023 an verschiedenen Orten in Köln Ausstellungen, Filmscreenings, Workshops, Lecture-Performances und Gesprächsrunden zum Verhältnis von Anschlüssen und Ausschlüssen bei globalen Netzwerken statt.
In globalisierten Netzwerken gilt die Fähigkeit, sich Gruppen und Systemen mitsamt ihren Logiken anzuschließen als wesentliche Voraussetzung von Teilhabe. Das kuratorische Projekt The Entire Story Starts Where interessiert sich hingegen für abweichende Praktiken, die sich zwar temporär und strategisch an mediale, ökonomische, politische, wissenschaftliche, soziale und kulturelle Netzwerke anschließen, gleichzeitig aber auch aus diesen heraustreten, sie unterlaufen und dadurch selbstbestimmte Ausschlüsse produzieren. Das Projekt fragt nach den alternativen, abweichenden Räumen und Netzwerken, die auf diese Weise entstehen, und es richtet dabei einen Blick auf die Reibungen, Konflikte und Brüche, die mit den Verstößen gegen die gängigen Praktiken des Vernetzens einhergehen. Was sind die Folgen für die betroffenen Akteur:innen? Und welche Potenziale für die Gestaltung künftiger Lebenswelten können aufgrund neuer translokaler Verbindungen entstehen?
Die Projekte erforschen, wie die kolonialen Kontinuitäten einer westlich geprägten kapitalistischen Plantagenlogik von einer landwirtschaftlichen Kooperative in Mali unterlaufen werden (Raphaël Grisey & Bouba Touré), wie die marginalisierten Räume muslimischer Gegenwart in postmigrantischen Gesellschaften belebt werden (Asma Aiad), wie die fragilen Utopien südglobaler Allianzen in einem historischen Moment aufflammen, um darauf an ihren inneren und äußeren Widerständen zu zerbrechen (Naeem Mohaiemen) oder wie neue Mobilitäten kolonial konstruierte Stadträume am Beispiel von Dakar/Senegal durchkreuzen (Kaddu Yaraax).
Mit Asma Aiad, Raphaël Grisey, Olivier Marboeuf, Naeem Mohaiemen, Eszter Szakács, Bouba Touré sowie Mamadou Diol und Leity Kane von der Gruppe Kaddu Yaraax.
Konzipiert von Mitgliedern des DFG-Graduiertenkollegs anschließen – ausschließen. Kulturelle Praktiken jenseits globaler Vernetzung: Aminata Estelle Diouf, Carolin Höfler, Sandra Kurfürst, Simon Meienberg, Nina Möntmann, Simone Pfeifer und Agnes Stillger.
In Kooperation mit der Akademie der Künste der Welt (ADKDW), Filmhaus Köln, GLASMOOG, Unser Ebertplatz, Kölnischer Kunstverein, Temporary Gallery.
Visuelle Kommunikation: Autostrada Studio, Berlin mit Carolin Höfler und Agnes Stillger:
Poster German & English
Folded Flyer German & English
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Theater Forum Kaddu Yaraax, Dakar, 2022, photo by Simon Meienberg
Kaddu Yaraax
Workshop & Talk
Ein Workshop und ein Talk mit Mamadou Diol und Leity Kane des Forumtheaters Kaddu Yaraax aus Dakar/Senegal über räumlich-soziale Dimensionen theatraler Interventionspraktiken und neue Formen gesellschaftlicher Wirksamkeit, moderiert von Simon Meienberg
Die Gruppe Kaddu Yaraax aus Dakar agiert an der Schnittstelle zwischen Theater, Stadt und Gesellschaft. Ihre Spiele im urbanen Raum sind darauf ausgerichtet, soziale Prozesse zu verändern, in politische Debatten einzugreifen und Öffentlichkeiten herzustellen. Ihre szenischen Interventionen involvieren sich in Konflikte um städtische Räume und koloniale Kontinuitäten und adressieren Krisen wie Umweltverschmutzung und soziale Ungleichheit. Kaddu Yaraax fragt nach den Erinnerungen, Lebenserfahrungen und Wahrnehmungen der Stadtbewohner:innen und entwickelt Handlungsoptionen aus den unterschiedlichen Perspektiven der beteiligten Akteur:innen. Auf eine künftige soziale Stadt wird dann nicht vertröstet, sondern sie entsteht im Prozess des performativen Handelns selbst – als eine »Realutopie« in der Gegenwart.
Der Workshop befasst sich theoretisch und gestaltend mit den Möglichkeiten und Grenzen theatraler Interventionen in der experimentellen Wiedergewinnung von Stadt, Öffentlichkeit und Repräsentation. Wie können die Spielformen eine Dynamik entfalten, durch die sie den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den urbanen Wandel nicht nur repräsentieren, sondern auch hervorbringen? Wie widersetzen sie sich politischen Vereinnahmungen und gesellschaftlichen Institutionalisierungen, die ihr subversives Potenzial bedrohen? Welche Praktiken der Selbstproblematisierung verfolgen sie? Welche Rolle spielen sie für eine ethische Erinnerungskultur?
Workshop: 15. – 19. Mai 2023, 10 – 16 Uhr
Talk: Mi, 17. Mai 2023, 19 Uhr (Deutsch / Französisch)
Ort: TH Köln, Köln International School of Design, Ubierring 40, 50678 Köln, Raum 240
Keine Anmeldung erforderlich
Workshop und Talk sind Teil der Ausstellung Colliding Circulations im GLASMOOG vom 16. Juni bis 1. Juli 2023.
Raphaël Grisey & Bouba Touré, Sowing Somankidi Coura – A Generative Archive, 2017, installation view
»My Life Began Several Centuries Ago«
An Ecosystem of Circulating Images
Ausstellung
Eine Ausstellung von Raphaël Grisey und Bouba Touré, kuratiert von Aminata Estelle Diouf und Agnes Stillger
Schon seit Jahrhunderten wird die Beziehung zwischen Afrika und Europa von einem hegemonialen System der Ausbeutung im Sinne einer westlich geprägten kapitalistischen Plantagenlogik bestimmt. Diese kolonialen Kontinuitäten und Vermächtnisse verfestigen Asymmetrien der Macht, die immer neue Formen von forced migration und displacement hervorbringen. Wie können die vielfältigen dekolonialen Ökologien, die hinter solchen Machtgefällen verborgen bleiben, aufgedeckt und kollektiv fruchtbar gemacht werden?
Der malische Fotograf, Filmemacher und Aktivist Bouba Touré und der Künstler Raphaël Grisey schaffen ein hybrides und lebendiges Ökosystem aus Bildern, das einen Bruch der immer wiederkehrenden Erzählung dokumentiert und mittels Montage multivokal neu visualisiert. Dabei transformieren Prozesse des Dokumentierens, Filmemachens und Archivierens zu Praktiken von Widerstand und Regeneration, von Umwegen und einer agroökologischen Landwirtschaft, um Verflechtungen zwischen den Schlachtfeldern von Verdun, den prekären Wohnheimen afrikanischer Arbeitsmigrant:innen in Paris und dem malischen Dorf Somankidi Coura ans Licht zu bringen. In der autonom organisierten landwirtschaftlichen Kooperative Somankidi Coura, 1977 gegründet von ehemaligen Arbeitsmigrant:innen und Aktivist:innen in Frankreich, folgen auf die »Rückkehr« in das westafrikanische Mali die Wiederaneignung und ein gemeinschaftlicher Utopieentwurf auf Basis von Freundschaft, Solidarität und Fürsorge für das Land. Somankidi Coura ist ein Sinnbild für Selbstermächtigung, oder in den Worten Bouba Tourés »la naissance d’une conscience en Afrique« (»das Erwachen eines afrikanischen Bewusstseins«).
Zeit: 2. Juni – 2. Juli 2023
Eröffnung: Do, 1. Juni 2023, 18 – 21 Uhr mit DJane C:mone a.k.a Tuincy Bright
Öffnungszeiten: Fr – So, 14 – 19 Uhr oder auf Anfrage: a.stillger@uni-koeln.de
Ort: Akademie der Künste der Welt, ADKDW Studio, Herwarthstr. 3, 50672 Köln
Teil der Ausstellung sind das Filmscreening Xaraasi Xanne – Crossing Voices und ein Talk mit Raphaël Grisey, Olivier Marboeuf und Soso Soumaré im Filmhaus Köln am 2. Juni 2023, 18 – 21 Uhr.
Flyer Deutsch & Englisch
Raphaël Grisey & Bouba Touré, Xaraasi Xanne – Crossing Voices, 2022, video still
Xaraasi Xanne – Crossing Voices
Open Discussion, Filmscreening & Talk
Ein Filmscreening (OV mit engl. Untertiteln) und ein Talk mit Raphaël Grisey, Olivier Marboeuf und Soso Soumaré (Deutsch / Französisch), moderiert von Aminata Estelle Diouf und Agnes Stillger
Unter Verwendung seltener Film-, Foto- und Tonarchive erzählt Crossing Voices (2022) das beispielhafte Abenteuer von Somankidi Coura, einer landwirtschaftlichen Genossenschaft, die 1977 in Mali von westafrikanischen Gastarbeitern gegründet wurde, die in französischen Arbeiterwohnheimen lebten. Die Geschichte dieser unwahrscheinlichen, utopischen Rückkehr in die Heimat folgt einem verschlungenen Pfad, der durch die ökologischen Herausforderungen und Konflikte auf dem afrikanischen Kontinent von den 1970er Jahren bis in die Gegenwart führt. Um diese Geschichte zu erzählen, kehrt Bouba Touré, einer der Hauptdarsteller, in das Herz seines persönlichen Archivs zurück. Seine Aufnahmen dokumentieren bäuerliche Konflikte in Frankreich und Mali sowie die persönlichen Geschichten von Wanderarbeitern über viele Jahrzehnte hinweg. Darüber hinaus ist der Film eine Geschichte der Weitergabe, der Verwandtschaft und der kinematografischen Geografien. Es ist die Geschichte von Bouba Touré und dem Filmemacher Raphaël Grisey, der zu Boubas »spirituellem« Sohn wurde, aber auch die Beziehung von Bouba zu militanten Filmemachern wie Sidney Sokhona oder Med Hondo. Im Laufe des Films treten weitere Stimmen in die Klanglandschaft ein, um Bouba Tourés Erzählung zu begleiten. Sie bringen die Geschichte einer vergessenen Erinnerung in eine mögliche Zukunft, gesungen von einem elektronischen Griot-Erzähler.
Am Freitag, den 2. Juni 2023, von 14 bis 16 Uhr im ADKDW Studio, laden Raphaël Grisey (Künstler und Filmemacher), Olivier Marboeuf (Schriftsteller und Filmproduzent) und Soso Soumaré (Wissenschaftlerin) zu einer offenen Diskussion vor der Vorführung des Films Xaraasi Xanne –Crossing Voices (18 Uhr im Filmhaus Köln) ein: »Während dieses Austauschs werden wir über die Politik der Archive in, um und nach dem Film und der Ausstellung My Life Began Several Centuries Ago diskutieren. Wir werden darüber sprechen, wie Xaraasi Xanne – Crossing Voices produziert wurde, aber auch darüber, was die Verbreitung dieses Films in bestimmten Kontexten und innerhalb verschiedener Gemeinschaften bewirkt und in Zukunft bewirken könnte. Das Gespräch wird sich mit den Fragen der Restitution kolonialer audiovisueller Archive und den verschiedenen Formen hybrider Übertragungen afrikanischer und landwirtschaftlicher Imaginationen zwischen sprechenden Körpern und Bildern, Forschung und Spekulation befassen.«
Open Discussion
Zeit: Fr, 2. Juni 2023, 14 – 16 Uhr
Ort: Akademie der Künste der Welt, ADKDW Studio, Herwarthstr. 3, 50672 Köln
Film Screening & Talk
Zeit: Fr, 2. Juni 2023, 18 – 21 Uhr (Film 123 min.)
Ort: Filmhaus Köln, Maybachstr. 111, 50670 Köln
Das Filmscreening ist Teil der Ausstellung »My Life Began Several Centuries Ago« – An Ecosystem of Circulating Images in der Akademie der Künste der Welt (ADKDW) vom 2. Juni bis 2. Juli 2023.
Asma Aiad, (Un)seen Sacred Spaces, 2020, video still, 3D Environment: Asma Aiad, Visualisierung: Rebecca Merlic
Muslim*Present in Köln
Intervention & Talk
Eine Intervention im öffentlichen Raum von Asma Aiad, kuratiert von Simone Pfeifer
Muslimische Perspektiven in der Kunst thematisieren aktuelle gesellschaftliche Debatten und schaffen Räume, in denen die vielfältigen muslimischen Lebensrealitäten wahrgenommen werden können. Auch die Arbeiten der Künstlerin Asma Aiad sind in diesem Spannungsfeld angesiedelt. Einerseits verhandeln ihre Arbeiten drängende Missstände und Herausforderungen aktueller postmigrantischer pluraler Gesellschaften, wie beispielsweise Rassismus, anti-muslimischen Rassismus, Sexismus, Klassismus oder auch Digitalisierung. Andererseits bieten die künstlerischen Interventionen Ansichten und Einsichten in die Vielfalt und Vielschichtigkeit muslimischer Gegenwart in postmigrantischen Kontexten und zeigen dabei beispielsweise häufig marginalisierte und unsichtbar gemachte Perspektiven auf. Muslimische Perspektiven in der künstlerischen Produktion werden häufig nicht wahrgenommen oder sie werden einseitig auf spirituelle religiöse Ausdrucksformen reduziert. Die Künstlerin Asma Aiad aus Wien zeigt mit ihren Arbeiten vielfältige Perspektiven auf Muslimisch-Sein im postmigrantischen Kontext und spricht zu aktuellen gesellschaftlichen Debatten.
Zeit: 10. Juni – 20. Juli 2023
Ort: Social Media & Plakatwände in der Stadt Köln
Talk & Lesung mit Asma Aiad und Dr. Lana Sirri, moderiert von Fatima Remli:
Sa., 10. Juni 2023, 19 – 20.30 Uhr, Ebertplatz (Passage), 50668 Köln
Flyer Deutsch & Englisch
Map
Naeem Mohaiemen, Century’s Container, 2016, Videostill.
Langer Tag
Eine Ausstellung und Talks von Naeem Mohaiemen, kuratiert von Nina Möntmann
Ausstellung
Die Ausstellung Langer Tag vereint zwei Video-Essays sowie drei Fotoarbeiten Mohaiemens zum Thema der instabilen Verfasstheit transnationaler Solidarität.
Der Video-Essay Afsan’s Long Day (2014, 41 min.) reflektiert die transnationale Zirkulation von Ideologien, indem er die Auflösung linksextremer Bewegungen in den 1970er Jahren an verschiedenen Orten der Welt betrachtet. Konkret stellt Mohaiemen in die Erfahrungen des jungen Intellektuellen Afsan in den turbulenten Jahren nach dem Bangladesh-Krieg 1971, der zur Unabhängigkeit Bangladeschs von Pakistan führte, in einen Gegensatz zum so genannten Deutschen Herbst (mit der Baader-Meinhof-Gruppe). Mit Blick auf die winzige Mitgliederzahl der Roten Armee Fraktion nannte Heinrich Böll die RAF einen »Krieg von sechs gegen sechzig Millionen«. Aber was ist mit dem Historiker Afsan Chowdhury, der allein in seinem Haus in Dhaka sitzt und eine Menge Marx liest? Während andere beklagten, den dialektischen Materialismus nie verstanden zu haben, hatte Afsan ihn intellektuell durchdrungen, seine Professoren übertrumpft und sich dabei einen Bart wachsen lassen. Aber die Männer, die eines Tages kamen, kümmerten sich wenig um all das – die Geschichte hat oft gezeigt, dass der Staat sauber rasierte Männer mag.
Das zweite Video der Ausstellung, Century’s Container (USA, 2016, 9 min.), ist eine Botschaft von der Gegenwart an die Gegenwart des Künstlers Mohaiemen selbst. Im selben Jahr, in dem wir über den von Trump verkörperten massiven weißen Backlash entsetzt waren (nach dem Brexit, vor Le Pen), drängte die Regierung von Bangladesch unter den Augen der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi Rohingya-Flüchtlinge zurück nach Myanmar und in die Arme der Gewalt. Der Muslim erscheint in diesem Jahrhundert das Gefäß für das Andere, aber auch die Definition des Anderen ändert sich ständig, während der Impuls der Vertreibung eine Konstante bleibt.
Naeem Mohaiemen erforscht in Century’s Container die tragische Vergangenheit des real existierenden Sozialismus und die ungeschriebene Zukunft einer sich noch nicht zusammengefundenen globalen Linken in Opposition zu sektiererischen Einheiten von Rasse und Religion. Das Video enthält Auszüge aus Texten von Judith Butler, Toby Rollo, Mona Saeed Kamal, Hari Kunzru und Sham-e-Ali Nayeem und wurde für das öffentliche Forum Sense of Emergency produziert, das Andrew Weiner im Dezember 2016 in New York als Reaktion auf die Wahl von Donald Trump organisierte.
Zeit: 14. – 18. Juni 2023 (Food & Drinks: 16. Juni, 20 Uhr)
Öffnungszeiten: Mi – So, 12 – 19 Uhr
Ort: Temporary Gallery – Zentrum für zeitgenössische Kunst, Mauritiuswall 35, 50676 Köln
Public Talks
von Naeem Mohaiemen und Eszter Szakács, eingeladen von Nina Möntmann
Der Sammelband Solidarity Must Be Defended (herausgegeben von Eszter Szakács und Naeem Mohaiemen, tranzit.hu 2023) versammelt Projekte zu Gesten und Ausrichtungen in der bildenden Kunst rund um die transnationale Solidarität während des Kalten Krieges. Im Dialog mit Mohaiemens Film Two Meetings and a Funeral (2017) beleuchtet das Buch sowohl auf großartige Initiativen als auch tragische Fehlschläge in einer verstrickten, entkolonialisierten Welt. Aufbauend auf ihren Erfahrungen der gemeinsamen Arbeit an der Publikation präsentieren Szakács und Mohaiemen zwei miteinander verflochtene Vorträge über ihre Forschungsgebiete, die sich mit den Ideen des Sammelbandes auseinandersetzen. Sie befassen sich mit Fallstudien über fehlgeleitete Solidaritätsgesten während der Ära des Kalten Krieges und überlegen, was uns jede dieser Geschichten über die Hoffnung und das Risiko von grenzüberschreitender Solidarität, unter dem Druck der Zeit und den Problemen der sprachlichen Verständigungen zeigt. Szakács erforscht die Knotenpunkte der Solidarität zwischen »Osteuropa« und der »arabischen Welt« in Ungarn, und Mohaiemen geht den Spuren der französischen intellektuellen Solidarität im Iran an der Schwelle zur islamischen Revolution nach.
Zeit: Fr., 16. Juni 2023, 17 – 20 Uhr
17 Uhr Eszter Szakács, »An Arab World in Hungary«
18 Uhr Naeem Mohaiemen, »Foucault in Tehran«
19 Uhr Diskussion, Food & Drinks
Ort: Temporary Gallery – Zentrum für zeitgenössische Kunst, Mauritiuswall 35, 50676 Köln
Teil der Ausstellung ist das Filmscreening Two Meetings and a Funeral mit einer Einführung von Naeem Mohaiemen im Kölnischen Kunstverein – Die Brücke am 15. Juni 2023, 16 – 18 Uhr.
Naeem Mohaiemen, Two Meetings and a Funeral, 2017, installation view Vasas Federation of Metalworkers' Union, Budapest/tranzit.hu, photo by Zsuzsanna Simon
Two Meetings and a Funeral
Ein Filmscreening über die instabile Verfasstheit transnationaler Solidarität von Naeem Mohaiemen
Filmscreening & Einleitung von Naeem Mohaiemen (Englisch)
Two Meetings and a Funeral (2017): »Die Dritte Welt war kein Ort, sondern ein Projekt.« (Vijay Prashad, The Darker Nations, 2007). Es sollte eine utopische Allianz sein, in der der globale Süden eine planetarische Führerschaft neu gestalten und die euro-amerikanische Dominanz beenden würde. Die Bewegung der Blockfreien Staaten (Non-Aligned Movement/NAM) versuchte, einen »dritten Weg« zu beschreiten, doch die parallele Beteiligung einiger Mitgliedsländer am Petrodollar-gesteuerten »islamischen Block« zerriss die fragilen Koalitionen hinter den Kulissen. Two Meetings and a Funeral untersucht den »Dreh- und Angelpunkt« zwischen dem Treffen der Blockfreien Bewegung (NAM) 1973 in Algerien und dem Treffen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) 1974 in Pakistan. Die Auflösung alter Allianzen begann mit einer kaum erkennbaren Überschneidung zwischen diesen beiden Gruppen, die nach der OPEC-Ölkrise, der iranischen Revolution und der Invasion in Afghanistan weltweite Bedeutung erlangen sollte.
Auf einer Reise durch die Hinterlassenschaften der transnationalen Architektur (Niemeyer, Moretti, Le Corbusier) in New York, Algier und Dhaka betrachtet der Film die Erosion der Idee der Dritten Welt als potenzieller Raum für die Dekolonisierung und ein stets unvollkommenes Verständnis des Sozialismus. In Gesprächen zwischen Vijay Prashad, Samia Zennadi, Atef Berredjem, Amirul Islam und Zonayed Saki geht es um die Widersprüche von Dekolonisierungsbewegungen, die nie daran gedacht haben, ihre eigene Führung zu befreien. Der Film ist die zentrale Arbeit von Mohaiemens lose miteinander verbundenen Projekten rund um die Bewegung der Blockfreien Staaten.
Zeit: Do., 15 Juni 2023, 16 – 18 Uhr
Ort: Kölnischer Kunstverein – Die Brücke, Hahnenstr. 6, 50667 Köln
Eingeladen von Nina Möntmann
Filmscreening und Einführung sind Teil der Ausstellung Langer Tag von Naeem Mohaiemen in der Temporary Gallery vom 14. bis 18. Juni 2023.
Kaddu Yaraax, Dakar Mobilities, 2023, photo by Simon Meienberg
Colliding Circulations
Eine Ausstellung über Dakars Mobilitäten zwischen globaler Vernetzung und lokaler Verdrängung von Mamadou Diol und Leity Kane von Kaddu Yaraax, kuratiert von Simon Meienberg, unterstützt von Carolin Höfler und Julian Hoffmann
Ausstellung
In Senegals Hauptstadt Dakar, einer der dichtesten und am schnellsten wachsenden Städte Westafrikas, kollidieren unterschiedliche Mobilitätssysteme und -verständnisse. Hier wirkt sich das koloniale Erbe von urbaner Segregation und infrastruktureller Vernachlässigung auf die tagtägliche Zirkulation der dakarois, der Einwohner:innen von Dakar, aus. Gleichzeitig markiert der Train Express Regional (TER) den Beginn einer neuen Mobilitätsära. Die Zuglinie verbindet die Stadt mit einem globalen Verkehrsnetz und wird von vielen als zukunftsweisendes Projekt der Modernisierung gefeiert. Andere Stimmen kritisieren die Verteuerung der Mobilität und die soziale Ausgrenzung durch das importierte Verkehrssystem, das lokale Formen und Funktionen des Mobilseins verdrängt.
Die Ausstellung »Colliding Circulations« untersucht solche ungleichen Mobilitäten in Dakar. Mittels diagrammatischer Aufzeichnungen und szenischer Interventionen erkunden senegalesische Künstler:innen, welche Auswirkungen koloniale Kontinuitäten auf städtische Räume und räumliches Zirkulieren haben, und welche Vermittlungs- und Verdrängungsprozesse sie anstoßen. So spüren Mamadou Diol und Leity Kane mit den Schauspieler:innen des Forumtheaters Kaddu Yaraax den Veränderungen durch den Bau der TER-Linie nach, der die Quartiere Hann-Maristes und Hann-Pêcheur einerseits voneinander trennt und sie andererseits mit der Verbindung zum internationalen Flughafen an ein globales Mobilitätssystem anschließt. Sie setzen ihr théâtre de l'opprimé (»Theater der Unterdrückten«) als eine emanzipatorische und interaktive Praxis für den kritischen Dialog mit bedrängten Stadtgemeinschaften und Nachbarschaften ein. Sie übertragen globale Dynamiken, lokale Lebenswelten und räumliche Dissonanzen der Stadt in theatrale Formen von Widerstand und Resilienz. Gemeinsam entwickeln sie analytische und choreografische Werkzeuge zur Beschreibung der Produktion von Raum unter den Bedingungen neuer Abhängigkeiten durch großmaßstäbliche Infrastruktursysteme.
Zeit: 16. Juni – 1. Juli 2023
Eröffnung: Do., 15. Juni 2023, 19 Uhr
Öffnungszeiten:
16. Juni –1. Juli 2023
AIC ON Festival: 16. & 18. Juni 2023, 12 – 18 Uhr; 17. Juni 2023, 12 – 16 Uhr
19. Juni – 1. Juli 2023:
Do. – Fr., 16 – 19 Uhr & Sa., 14 – 18 Uhr oder auf Anfrage: glasmoog@khm.de
Ort: GLASMOOG – Raum für Kunst & Diskurs, Kunsthochschule für Medien Köln, Filzengraben 2, 50676 Köln
Teil der Ausstellung sind ein Workshop vom 15. bis 19. Mai 2023 und ein öffentlicher Talk am 17. Mai 2023, 19 Uhr, mit Mamadou Diol und Leity Kane von Kaddu Yarrax an der Köln International School of Design der TH Köln.
Ausstellungsflyer Deutsch & Englisch
Raumplan Deutsch & Englisch
Fabian Blum, Robert Hartmann & Inca Jentsch, Blind Spots, Cologne, 2021, photo
Kolloquium
Im Rahmen des Kolloquiums des Graduiertenkollegs »anschließen – ausschließen« widmet sich die eintägige Veranstaltung am 26. Mai 2023 dem kuratorischen Projekt The Entire Story Starts Where – Anschlüsse und Ausschlüsse translokaler Positionen. An verschiedenen Orten in Köln finden zwischen dem 15. Mai und dem 2. Juli 2023 Ausstellungen, Filmscreenings, Workshops, Lecture-Performances und Gesprächsrunden zum Verhältnis von Anschlüssen und Ausschlüssen bei globalen Netzwerken statt. Das Projekt wird von Kollegmitgliedern und eingeladenen Künstler:innen in Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen in Köln entwickelt und umgesetzt.
In der Kolloquiumssitzung am 26. Mai 2023 wird das Programm des kuratorischen Projekts von den Organisator:innen vorgestellt. Dies geschieht im Wechsel mit Beiträgen eingeladener Gäste. Der Fokus der Veranstaltung liegt auf der Diskussion der künstlerischen Arbeiten unter verschiedenen Aspekten des An- und Ausschließens sowie auf der Tätigkeit des Kuratierens selbst, die als kollektive Praxis der Wissensproduktion aufgefasst wird. Die Perspektive der künstlerischen Praxis und des kuratorischen Handelns eröffnet neue Perspektiven auf die Themen des Graduiertenkollegs und reflektiert dabei die eigenen Strukturen, Bedingungen, Regeln und Verfahren der Kunstproduktion und des Kuratorischen.
Zeit: Fr, 26. Mai 2023, 10 – 17 Uhr
10.00 Uhr Einführung: Nina Möntmann und Carolin Höfler
10.15 Uhr Projektvorstellung durch den Künstler Raphaël Grisey: »My Life Began Several Centuries Ago. An Ecosystem of Circulating Images«, moderiert von Agens Stillger und Aminata Diouf
11.30 Uhr Projektvorstellung von Nina Möntmann: »Two Meetings and a Funeral« und »Langer Tag« von Naeem Mohaiemen
12.30 Uhr Pause
13.30 Uhr Sandra Kurfürst & Carolin Höfler: »Öffentliche Räume, Infrastrukturen und künstlerische Praktiken des Sich Versammelns«
14.30 Uhr Projektvorstellung von Simone Pfeiffer: »Muslim*Present in Köln« von Asma Aiad
15.30 Uhr Projektvorstellung von Simon Meienberg: »Colliding Circulations« von Kaddu Yaraax
16.30 Uhr Abschließende Diskussion
Ort: Universität zu Köln, a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne, Aachener Str. 217, 50931 Köln, 3. OG, Raum 3.A06 (»Skyfall«)
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Weitere Events
Image: Masello Motana
A Homecoming of Sorts
Artist in Residence: Masello Motana
The South African vocal historian and performer Masello Motana is this year’s artist in residence of the Wissenschaftsforum zu Köln und Essen. Motana uses melody and memory as methodological tools to revisit and revise history. More Information here.